Brücke Wagenfurth: Letzte Arbeiten laufen

Nach dem spektakulären Auflegen der Fertigbauteile an der neuen Fuldabrücke in Wagenfurth vor gut einem Monat, gehen an der Brücke nun die Arbeiten in die letzte Phase. Derzeit laufen Beton- und Abdichtungsarbeiten im Fahrbahnbereich. Aufgebracht werden muss noch die Deckschicht, also die oberste Asphaltschicht. Betonarbeiten sind  auch noch nötig, um den 15 Zentimeter höheren Gehweg neben der Fahrbahn zu errichten. Außerdem müssen unter anderem noch Geländer und Straßenanschlüsse im Juli hergestellt werden.

Die Arbeiten liegen nach wie vor im Zeitplan, sodass Bickhardt Bau weiterhin von einer Verkehrsfreigabe im Laufe des Monats August ausgeht.

Die offizielle Einweihung der neuen Brücke soll am 4. September stattfinden – zusammen mit dem Fuldaradeln. Mehr Infos dazu gibt es hier. 

Die Wagenfurther Brücke und ihre Geschichte

Bau der Wagenfurther Sandsteinbrücke im Jahr 1909

Zwischen Röhrenfurth und Guxhagen gab es bis 1909 keine Brücke über die Fulda. Diese Strecke, von Brücke zu Brücke beträgt ca. 9 km. Nimmt man das linke Fuldaufer mit dem Bogen bei Büchenwerra, so war diese brückenlose Entfernung ca. 13 km lang. Wie kam z.B. damals ein Grebenauer oder Wagenfurther nach Guxhagen? Sicherlich nur über Röhrenfurth. Es sei denn bei Niedrigwasser und gutem Wetter durch, oder mit dem Boot über die Fulda bzw. um Büchenwerra herum, mit dem Pferd und Wagen oder zu Fuß. Es waren über 30 Jahre Frieden im Land gewesen. So dachten sicherlich die Menschen allgemein und schlechthin an die Verbesserung ihrer Lebensqualität. Nichts schien den Wagenfurthern und Lobenhäusern wichtiger als eine Verbindung zum anderen Ufer, wegen ihrer dort liegenden Ländereien, wegen dem Bahnanschluss und der notwendigen wirtschaftlichen Beziehungen zu Körle bzw. Guxhagen.

Man stelle sich vor, ärztliche Versorgung wie auch Geburtshilfe, – letztere in dieser Zeit mehr gebraucht als heute — überwiegend von der Hebamme wahrgenommen, konnte nur aus Guxhagen oder Körle, also vom rechten Fuldaufer kommen. Also per Schiff, wenn die Zeit über Röhrenfurth zu knapp war. Aber wie schwierig war eine solche Betreuung mit dem Kahn, wenn die Fulda großes Hochwasser führte. Die politisch verantwortlichen beider Gemeinden unternahmen diesbezüglich Schritte bei der Kreisverwaltung in Melsungen. Diese war allein für so etwas zuständig.

Nach langem hin und her gab der Kreis sein Einverständnis. Aber die Standortfrage schien schier unlösbar.

Der damalige Landrat „von Aschoff” wollte die Brücke ca. 300 m nordwestlich von Lobenhausen in Richtung auf den Körler Bahnhof bauen. Dies missfiel den Wagenfurthern total. Selbige hatten damals, vielleicht bedingt durch die Furt unterhalb des Dorfes, schon größere Handelsbeziehungen zu Guxhagen. Sicherlich aus einer alten Gewohnheit heraus. Die Entscheidung, die Brücke so weit nach Wagenfurth zu verlegen, zudem gegen den Willen des Landrates, hat offensichtlich der Wagenfurther Bürgermeister Griesel, der gleichzeitig Mitglied des Kreistages war und zwei gute Freunde, ebenfalls im Kreistag auf seiner Seite hatte, nämlich den Gutsbesitzer Schmidt, Breitenau, und einen Herrn Stahl aus Melsungen, herbeigeführt. Sein Argument soll wie folgt gelautet haben:

„Der Wagenfurther Standort ist nicht nur in der Mitte der drei Gemeinden, sondern er wäre auch günstig für eine straßenmäßige Verbindungsmöglichkeit zwischen Fulda- und Edertal, da sich hierfür das kleine Tälchen „Grummelsgraben” in Richtung Quiller und Altenbrunslar anbietet.”

Wenn wir den Standort und das zweispurige starke Brückenbauwerk aus heutiger Sicht betrachten, ist jedem klar, dass die damaligen Argumente der Wagenfurther, zum großen Leidwesen der Lobenhäuser, gezogen haben. Mit einem riesigen Aufwand für damalige Zeiten an Zement, Sand und gehauenen Bruchsteinen wurde 1908 begonnen und 1909 fertiggestellt (ohne Gewähr). Zement musste von Melsungen mit Pferdewagen rangeschafft werden. Sandsteine kamen zum Teil vom Bruch Fromm, Guxhagen und teils vom Steinbruch des jetzigen Sägewerkes Dieling, Wagenfurth. Mit der Inbetriebnahme dieser Brückenverbindung ging ein langer Kampf zu Ende und ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Für die Wagenfurther wurden nun die Wege zur anderen Fuldaseite direkter, für die Grebenauer und Lobenhäuser wurden sie kürzer.

Krieg und Zerstörung

In der Nacht zum Ostersonntag im Jahre 1945 wurde die Wagenfurther Brücke gesprengt. Schon Ende März hatte ein Sprengkommando der deutschen Wehrmacht Kisten mit TNT angefahren. Als dann in der Nacht vom 31. März zum 1. April ein Spähtrupp der US-Armee sich der Brücke näherte, erfolgte das Kommando zur Sprengung. Die Wucht der Explosion ließ die Häuser im Dorf erzittern.

Als der Feuerschein erloschen, die Detonation verhallt war, blieb nur ein Rauschen übrig. Das Wasser der Fulda musste sich nun mühsam durch Geröll, hohle Pfeiler und Steinbrocken kämpfen. Die meisten Wagenfurther und auch einige Körler hatten die Amerikaner vergessen und gingen zur Brücke. Viele hatten Tränen in den Augen. Drüben am Ufer Stimmen, hüben Stimmen, aber man konnte nicht mehr miteinander sprechen. Viele werden damals den Sinn des Wortes Brücke zum ersten Mal richtig verstanden haben. Dann überstürzten sich die Ereignisse. Am Vormittag marschierten die Amerikaner ein. Die Brücken in Grebenau und Lobenhausen hatte mittlerweile das gleiche Schicksal ereilt. Trotzdem sind die Amerikaner auch nach Körle gekommen, erstaunlich!

Wenn ich jetzt das Kapitel Nachkriegsgeschichte anreiße, muss ich dies so deuten, dass es mit einer totalen Isolation begann. Wir waren zwar wieder selbstständig, kein Körler Bürgermeister hatte mehr zu sagen. Die Amerikaner verhängten Polizeistunde, abends um 18. Uhr. Man konnte früh ins Bett gehen und ohne Fliegeralarm ruhig schlafen. Alles gut und schön.

Doch bald merkte man was so fehlte. Mit, fahr mal schnell nach Körle und hol mal Hefe, Zucker, Brot dies und jenes — aus und vorbei, wie sollte man übers Wasser kommen. Nun gut, eine Hand voll Sauerteig konnte man sich notfalls rüberwerfen lassen (Not rückt zusammen). Doch da waren die alten Fährleute von früher schnell zur Stelle. Die Furt wurde hüben und drüben schnell ein bisschen planiert und schon gings mit Pferd und Wagen durch die Furt unterhalb des Dorfes auf die andere Seite. Romantisch, und jedem wurde spätestens bei der 1. Fahrt klar, warum es Wagenfurth heißt. Wir Jungens hatten ein Boot, welches von Lobenhausen kommend in den Trümmern der gesprengten Brücke hängen geblieben war, flott gemacht und errichteten damit eine Überfahrmöglichkeit oberhalb der Brücke. Das gleiche wurde mit dem Fischerkahn des alten Herrn Reinbold durch ihn, Sohn Thomas und Enkel Erhard Reinbold im Unterdorf zur ständigen Einrichtung bis in den Spätsommer hinein, wo man das beschwerliche Kahnfahren satt hatte und fleißige Hände einen Holzsteg errichteten (Holz im Walde geschlagen, in Röhrenfurth bei Firma Schneider sägen lassen).

Unterdessen war die Firma Emmeluth, Körle beauftragt, könnte so Juni/Juli gewesen sein, das Geröll im Flussbett zu beseitigen, die Pfeiler und Widerlager gerade zu rücken und zu betonieren für eine eventuelle Behelfsbrücke. Man muss wissen, Gemeinden und Landratsämter arbeiteten schon wieder, aber es hing doch alles noch mehr oder weniger von der Militärregierung ab. So wurde dann eine einspurige Holzkonstruktion mit 5 Tonnen Tragkraft nach einer Planung der Klöckner Humbold Deutz KG vom 1.8.1945 durch die Firma Schneider, Zimmerei in Röhrenfurth aufgebaut. 100 Zentner, das war gut und reichte für Landwirtschaft und Gewerbe zunächst aus. Man war ja noch durch den Krieg bescheiden. Aber zu Beginn der 50er Jahre wurden die Dimensionen der Fahrzeuge und Lasten größer bis dann eines Tages ein Langholzfahrzeug sicherlich schwerer als 5 Tonnen die Brücke wieder in den Zustand eines Fußgängersteges versetzte , denn die Vollsperrung folgte auf dem Fuß.

Gesperrt für Fahrzeuge aller Art, hieß es laut Verkehrsschild. Ein Radfahrer der neben dem Rad herlief durfte ungehindert passieren, ein fahrender Radfahrer wurde angezeigt. Gewicht war zwar dasselbe, aber das Verkehrsschild. 10 Kühe, Gewicht ca. 80 Zentner war erlaubt, 1 Handwagen mit Pilot ca. 3 Zentner verboten.

Dann begann wieder eine trostlose Zeit, bis dann am 4. September 1955 die erste Verhandlung über den Neubau in Wagenfurth stattfand Erst im Jahre 1958 konnte die Brücke dem Verkehr übergeben werden.