Unwetterkatastrophe im Jahr 1969

In Juli 2009 jährte sich zum 40. Mal ein Ereignis, das vielen Einwohnern noch in schlechter Erinnerung ist. Am 17. Juli 1969 wurde nach einem schweren Unwetter weite Teile von Körle und Empfershausen überflutet. Die folgende Darstellung dieser Unwetterkatastrophe ist dem Buch „900 Jahre Körle“ entnommen und wurde damals von Karl Suck verfasst:

Ein Tag voller Angst und Schrecken war für die Körler Einwohnerschaft der 17.Juli 1969. An diesem Donnerstag bewölkte sich nach einem heißen und schwülen Vormittag nachmittags der Himmel. Ein schweres Gewitter zog sich zwischen Quiller und Söhre zusammen. Gegen 15.30 Uhr setzte ein starker Wind ein. Blitze und Donner, Regengüsse und Hagelschauern vereinigten sich zu einem höllischen Inferno. Ein Wolkenbruch außergewöhnlichen Ausmaßes ging über den Einzugsgebieten der Trockenen Mülmisch und der Nassen Mülmisch nieder.
Der Boden konnte die aus den Wolken stürzenden Wassermassen nicht mehr fassen, so dass die Rinnsale, Flutgräben und Feldwege in kurzer Zeit zu Bächen und die beiden Mülmischbäche zu reißenden Flüssen anschwollen. Zweieinhalb Stunden tobte sich das Unwetter zwischen Söhre und Quiller aus. Dreimal hintereinander prasselten gewaltige Regengüsse hernieder. Gegen 16.30 Uhr heulten die Alarmsirenen des Ortes auf.

Unwetter 1969

Mit einem 1,30 m hohen Wasserstand wälzten sich die Wasserfluten der Trockenen Mülmisch durch die Ecke über die Bundesstraße hinweg in das untere Dorf. Der Bachweg glich einem wildaufschäumenden tobenden Flusse zur Schneeschmelze. Die Wassermassen vom Busch und vom Kirchplatze suchten in breiter Form ihren Weg durch die Kuhgasse.

Im neuen Weg raste das Wasser aus dem Hainsgraben kommend talwärts über die Nürnberger Straße in den Hilgenweg und zum Bahnhof. In kurzer Zeit war auch hier die B 83 nicht mehr befahrbar, da kniehoch das Wasser die Fahrbahn blockierte. Durch die Schlamm- und Schuttablagerungen an den Seiten des strömenden Wassers bildeten sich Dämme, wodurch auf der B 83 zwischen dem Gasthaus „Zur Krone“ und der Raiffeisenkasse, zwischen der Dorflinde und dem Gasthaus zum Bahnhof, noch nach dem Unwetter das Wasser stand. Die schlimmsten Verheerungen verursachte das Wasser durch Kraterbildungen in der Bachwiese, in der Ecke und im Unterdorf. Das angetriebene Schwemmgut ( Autowracks, Jauchenfässer, Handwagen, Holzscheite , Pfosten, Pfähle, Gartenzäune usw. ) bildeten vor der Bahnbrücke hinter dem Feuerwehrturm eine regelrechte Sperrmauer, so dass im Raume vom Hof Scheffer- Jütte längs des Hilgenweges – Hof Jacob – bis zum Anwesen Geyer ein Stausee entstand.
Am längsten stand das Wasser auf dem Hofe des Bauern Jacob, sowie im Hilgenweg bis zum Hause Werner, da der Durchlass unter der Bahnbrücke durch das angeschwemmte Strandgut vollkommen verstopft war. Die Kraft des ankommenden Wassers aus der Ecke war so groß, dass die Nürnberger Straße unterspült und die Betondecke des regulierten Mülmischbaches längs des unteren Bachweges durch den Druck gehoben und in Stücke gerissen wurde. Weiter wurde der Schotter unter den Eisenbahnschwellen weggeschwemmt und somit die Gleisanlage völlig zerstört.

Am Freitag, dem 18.07. wurden durch Ausschellen alle Männer zum freiwilligen Arbeitseinsatz aufgerufen. Die Herren der Gemeindevertretung gingen mit gutem Beispiel voran. An dieser Stelle soll der selbstlose Einsatz der freiwilligen Arbeitskräfte, die beim Entschlammen der Keller, bei der Beseitigung der Schutt- und Geröllmassen auf den Höfen, Wegen und Straßen, bei der Entleerung des vollkommen verstopften Kanalrohre, bei der Abfahrt des Schwemmgutes, so tatkräftig geholfen haben, anerkennend gewürdigt werden. Auch die Trinkwasserversorgung war gefährdet, da im Quellgebiet der Bachwiese durch Wassereinbrüche die Hauptleitung an zwei Stellen unterbrochen war.

Am 19.07. unterrichtete Bürgermeister Karl Knaust und einige Herren der Gemeindevertretung sowie Verbandsanwalt Konrad Jacob, den Staatsminister Hemsat als auch Landrat Baier über den durch das Unwetter angericheteten Schaden. Außerdem informierte Herr Jacob Herrn Staatssekretär Seiboth vom Landwirtschaftsministerium über die Verwüstung der Feldwege. Der Bahnverkehr nach Melsungen musste wegen der geborstenen Bahnbrücke über der Nassen Mülmisch vorübergehend eingestellt werden. Zur Instandsetzung der vollkommen aufgewühlten Wege in der Ecke und am Bachweg setzte man Räumbagger ein, da Menschenkraft mit Hacke und Schaufel nicht ausreichte. Auch am Sonntag arbeiteten noch die Wehren von Körle, Wagenfurth und Lobenhausen mit den freiwilligen Helfern, um die Straßen und Wege vom letzten Schlamm zu reinigen. Selbst die ältesten Einwohner des Ortes konnten sich an eine Überschwemmung solchen Ausmaßes nicht entsinnen. Ein Glück, dass dieser Wolkenbruch nicht in der Nacht niederging. (Quelle: Chronik “900 Jahre Körle” 1974)