Bürgerversammlung: 120 Einwohner diskutierten mit

Die Energieversorgung und der mögliche Bau eines neuen Wohn- und Geschäftshauses in der Ortsmitte waren am 12. Oktober 2022 die bestimmenden Themen bei der Bürgerversammlung. Rund 120 Interessierte waren gekommen und diskutierten mit.

Kommunale Wärmeplanung

Im September dieses Jahres hat die Gemeindevertretung den Beschluss gefasst, einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen, erläuterte Bürgermeister Mario Gerhold. Das bedeutet: Mithilfe eines Ingenieurbüros soll ein Konzept erarbeitet werden, wie die Häuser in Körle künftig ressourcenschonend und sicher beheizt werden könnten. Ziel ist beispielsweise die Ablösung von fossilen Brennstoffen. Um ein Versorgungskonzept für alle vier Ortsteile zu entwickeln, werden unter anderem der aktuelle und künftige Energiebedarf sowie Einsparpotentiale ermittelt, erläuterte Gerhold das weitere Vorgehen. Schließlich werde mit dem Ingenieurbüro dann erörtert, welche Wärmequellen künftig genutzt werden sollen. Geplant sei die Einrichtung einer Projektgruppe, die sich mit diesem Thema auseinandersetzt, sagte Gerhold. Dieses Verfahren habe sich bereits ausgezahlt, als es im Jahr 2011 darum ging, Körle mit DSL auszustatten.

In diesem Zusammenhang gab der Rathaus-Chef den Gästen einen Einblick in den aktuellen Energieverbrauch der rund 3000 Einwohner in der Gemeinde. 6,5 Millionen Kilowatt Strom werden in Körle jährlich verbraucht – ein Teil wird örtlich erzeugt: über die 221 Fotovoltaik-Anlagen und das Windrad auf dem Körler Berg. Beim Thema Wärme zeigt die Statistik ein deutliches Bild: Von den 1500 Gebäuden in Körle werden mehr als 70 Prozent über eine Ölheizung mit Wärme versorgt.  Die restlichen 30 Prozent verteilen sich auf Erdgas, Nahwärme, Flüssiggas sowie Luftwärmepumpe/Geothermie.

Das Vorhaben, eine kommunale Wärmeplanung auf die Beine zu stellen, stieß auf viel Zustimmung im Publikum. Angemerkt wurde beispielsweise, dass sich der Blick deutlich auf erneuerbare Energien wie Fotovoltaik und Windenergie richten solle. „Auch Holz ist endlich“, sagte eine Einwohnerin und bezog sich damit auf die Nahwärmeversorgung in Körle. Durch die Verbrennung von Holzhackschnitzel in den Heizwerken auf dem Hollunder sowie am Alten Schulgarten werden in Körle 120 Gebäude mit Wärme versorgt. Eine Erweiterung sei nicht ausgeschlossen, sagte Gerhold. Klaus Träbing regte an, insbesondere die Geothermie, also Erdwärme, in den Blick zu nehmen.

221 Fotovoltaik-Anlagen gibt es in Körle

Straßenbeleuchtung

Sollen die Straßenlampen in Körle nachts für einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel von 1 bis 4 Uhr) abgeschaltet werden, um Energie zu sparen? Zu dieser Frage war die Meinung der Anwesenden gefragt. Bei der Abstimmung plädierten zwar viele für eine nächtliche Abschaltung, jedoch war sich ein Großteil noch unsicher und enthielt sich der Abstimmung.  Denn es wurden auch Argumente angeführt, die dafürsprechen, die Beleuchtung durchgängig brennen zu lassen. „Ich fühle mich deutlich sicherer mit Licht“, sagte beispielsweise Klaus Träbing. Einbrechern werde es durch die Ausschaltung der Lampen leichtgemacht. Anette Kördel, die in Körle die Zeitung austrägt, bereitet die mögliche Abschaltung ebenfalls Sorgen. Es gebe ohnehin schon Häuser in schummrigen Ecken, da wolle sie sich gar nicht ausmalen, wie es sei, wenn die Beleuchtung gänzlich ausgeschaltet werde.  Renate Schmidt plädierte dafür, die Straßenlampen mit Bewegungsmeldern auszustatten. „Eine bedarfsgerechte Beleuchtung ist sicherlich eine zukunftsgerechte Lösung“, pflichtete auch Bernhard Knauf bei. Jedoch sei dann eine Umrüstung der Straßenbeleuchtung notwendig, was wiederum Kosten nach sich ziehen würde, sagte Bauamtsleiter Joachim Gerlach. Ob eine solche Umrüstung möglich sei und auf welche Kosten man sich einstellen muss, wolle man aber prüfen, um die bedarfsgerechte Beleuchtung als langfristige Lösung in Betracht zu ziehen. Um kurzfristig Energie zu sparen, sei nur die temporäre Abschaltung eine Lösung.  Angeregt wurde auch, ob es nicht möglich sei, die Beleuchtung dann wenigstens freitags und samstags länger eingeschaltet zu lassen, da an diesen Tagen ja doch noch einige zu späterer Stunde draußen unterwegs seien. Auch das soll laut Gerlach nun geprüft werden. Nur einzelne Straßenzüge durchgängig zu beleuchten, ist laut Gerlach nicht möglich. Zu welcher Uhrzeit die Beleuchtung ein- und ausgeschaltet wird, ist übrigens dämmerungsabhängig.

600 Straßenlampen gibt es in Körle, erläuterte Gerlach. So gut wie alle sind mit stromsparenden LED-Leuchten ausgestattet. Bei den derzeitigen Strompreisen werden die Kosten künftig bei rund 61.000 Euro jährlich liegen, wenn die Lampen nachts durchbrennen. Eine Verringerung der Beleuchtungsdauer um eine Stunde bringe eine jährliche Einsparung von 5500 Euro im Jahr. Beim Stromversorger EAM sei vor kurzem bereits eine Verringerung der Schaltzeiten beauftragt worden. Dadurch schalten sich die Lampen dann morgens etwas früher ab und abends später ein. In der Gemeindevertretersitzung im November soll dann die endgültige Entscheidung getroffen werden.

Fast alle der 600 Straßenlampen wie hier am Dorfplatz sind mit LED-Leuchten ausgestattet.

Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt

Wenn eine Änderung weder deutliche Vor- noch Nachteile mit sich bringe, dann sollte man alles so lassen wie es ist. So fasste der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Klaus Siemon, die Diskussion rund um die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Ortsdurchfahrt zusammen. Zur Diskussion stand, ob man die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern auf die gesamte Ortsdurchfahrt ausweiten sollte.

Derzeit gilt an der Nürnberger Straße nur in einem Teilbereich eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern – nämlich von der Einmündung Neuer Weg bis zur Guxhagener Straße, erklärte Mario Gerhold die Ausgangslage. Rechtlich sei es aber möglich, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf die gesamte Ortsdurchfahrt auszudehnen – allerdings nur unter Einrichtung einer Tempo-30-Zone. Dies würde jedoch bedeuten, dass die Nürnberger Straße keine Vorfahrtsstraße mehr wäre. Es gelte künftig rechts vor links. Da es sich um eine Gemeindestraße handelt, könne die Gemeinde auch ein Tempolimit anordnen – also ohne das Zonen-Schild und damit ohne rechts-vor-links-Regelung. Jedoch habe der Verkehrsdienst der Polizei in Homberg, der Kommunen bei verkehrsrechtlichen Fragen berät, davon klar abgeraten, so Gerhold.

Ein reines Tempolimit innerorts müsse begründet sein, etwa durch einen Schulweg. Gibt es keine lokalen Gegebenheiten, die die Einrichtung eines Tempolimits begründen, können beispielsweise rechtliche Schwierigkeiten auf die Gemeinde zukommen, wenn ein Verkehrsteilnehmer geblitzt wird und sich damit an einen Anwalt wendet.

Im Publikum zeigte sich ein deutliches Meinungsbild: Die Einrichtung einer Tempo-30-Zone und die Konsequenz der rechts-vor-links-Regelung wird nicht befürwortet. Wenn auch, wie eine Besucherin sagte, dies sicherlich einige Verkehrsteilnehmer dazu bewegen würde, die Ortsumgehung zu benutzen. Die Anzahl der Fahrzeuge in der Ortsdurchfahrt müsse reduziert werden, sagte auch Bernhard Knauf.

Auch hier könnte Tempo 30 gelten. Allerdings müsste dann eine Tempo-30-Zone eingerichtet werden. Das hätte zur Folge, dass die Nürnberger Straße nicht mehr Vorfahrtsstraße wäre.

Neubau in der Ortsmitte

In der Bürgerversammlung wurde auch ein Projekt vorgestellt, mit dem der lang gehegte Wunsch nach einer Tagespflegestation für Senioren in Körle endlich in Erfüllung gehen könnte. Wie berichtet plant die Baupartner Fritzlar GmbH, am Dorfplatz ein neues Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. Abgerissen werden soll dafür der leerstehende Teil des ehemaligen Tegut-Ladens an der Nürnberger Straße. Die Wohnungen in dem Fachwerkhaus und der Getränkemarkt bleiben bestehen.  Nach derzeitigem Stand würde eine Tagespflegestation als Mieter in das Gebäude einziehen. Außerdem würden bis zu elf Wohnungen entstehen, die als Eigentumswohnungen verkauft werden sollen. Beim Bau des Hauses würde es sich um ein Privatinvest der Baupartner Fritzlar handeln.

Wie Gerhold erklärte, war zunächst geplant, den leerstehenden Ladenteil lediglich umzubauen, um dort Räume an einen Hörgeräteakustiker zu vermieten und für die Gemeindebücherei barrierefreie Räume zu schaffen. Doch die Baupartner Fritzlar seien mit Plänen für einen Neubau auf die Gemeinde zugekommen. „Für uns ist das eine große Chance. Denn es klopft nicht jeden Tag einer an die Tür und will in Körle Wohnraum auf eigene Rechnung schaffen“, sagte Gerhold. Hinzu komme die Möglichkeit, die Tagespflege zu realisieren – eine Einrichtung, von der Körle erheblich profitieren würde. Der Neubau würde zudem das Ortsbild aufwerten.

Dass sich die Ortsmitte weiterentwickeln soll, stieß auf ein positives Echo bei der Bürgerversammlung. Kritisch äußerten sich Besucher insbesondere in Bezug auf die Parkplatzsituation. Schon jetzt gebe es nicht genügend Parkplätze am Dorfplatz, was regelmäßig zu Chaos führe. Durch den Neubau würden fünf Stellplätze überbaut, während andererseits die Zahl der parkenden Fahrzeuge durch den Neubau wachse. „Ja, die Parkplatzsituation ist ein wichtiges Thema“, sagte Gerhold. Seiner Meinung nach solle dies aber nicht ausschlaggebend für die Entscheidung sein. Man dürfe auch nicht vergessen, dass es im innerörtlichen Bereich – vom La Perla bis zur Guxhagener Straße – insgesamt 170 Stellplätze gebe.

Dieser Entwurf aus dem Frühjahr zeigt, wie ein Umbau aussehen könnte.

 

Diese Grafik zeigt den jüngsten Entwurf für den Neubau

Auch in Bezug auf die Optik des Hauses wurden Bedenken geäußert – beispielsweise, ob es nicht zu groß sei an dieser Stelle. Gerhold erklärte jedoch, dass sich die Baupartner an ein Einfügegebot halten müssen. Dafür wurde eine Höhenlinie gezogen, die sich an den bestehenden Gebäuden orientiert. Angeregt wurde, einen Mittelweg zwischen der Umbau- und der Neubau-Variante zu finden. Der Entwurf für den Neubau werde nochmal überarbeitet, kündigte das Planungsbüro nach der Veranstaltung an.