Ein ruhiges Händchen brauchte der Pilot, der am Dienstag mit dem Hubschrauber die Vorseile für die Stromtrasse Wahle-Mecklar von Mast zu Mast beförderte. Auf jedem Mast warteten zwei Arbeiter, die das fliegende Nylonseil entgegennahmen. Es war größte Präzision gefragt.
Für die spektakulären Seilzugarbeiten zwischen der ICE-Trasse oberhalb von Körle bis zum wuchtigen Endmast zwischen Lobenhausen und Röhrenfurth waren in den vergangenen Tagen bereits viele Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, erklärt Bauleiter Heiko Höbelt von LTB. Beispielsweise wurden über die ICE-Trasse und über die Bundesstraße 83 ein Gerüst und Netz aufgebaut – für den Fall der Fälle. “Falls doch etwas abreißt und herunterfällt”, sagt Höbelt. Auch wenn dies äußerst unwahrscheinlich sei. Auch am Radweg R1 zwischen Lobenhausen und Röhrenfurth wurde rechts und links der Fahrbahn ein Gerüst aufgebaut. Anfang Oktober sollen die Gerüste und Netze wieder verschwinden – bis dahin muss der Seilzug vollständig abgeschlossen sein. Dann wird auch die alte Bahnleitung demontiert.
Mithilfe des Hubschraubers wurden am Dienstag die Vorseile auf einer Strecke von 1,7 Kilometern gespannt – einmal quer durchs Fuldatal. “13 Mal muss der Hubschrauber diese Strecke fliegen”, sagte Höbelt. Erst dann war jeder Mast mit genügend Vorseilen ausgestattet. Die Arbeiter auf den bis zu 94 Meter hohen Masten befestigten das Nylonseil auf einer kleinen Rolle. An diesen Vorseilen werden anschließend Stahlseile befestigt und eingezogen. Erst danach können die eigentlichen Stromseile mithilfe von Winden über die Masten gezogen werden. Am Ende sind an jedem Mast 35 Einzelleiter befestigt, darunter auch drei Erdseile als Blitzschutz (zwei davon für die Bahnleitung).
Für die Arbeiten mit dem Hubschrauber war das Wetter perfekt: nahezu windstill und beste Sicht. “Zum Glück”, sagt der Bauleiter. Denn insbesondere Wind könne einem bei solchen Arbeiten ganz schnell einen Strich durch die Rechnung machen.
Der Hubschrauber für die Arbeiten ist übrigens in der Nähe von Schwäbisch-Hall stationiert. Das Luftfahrtunternehmen Helix führt nicht nur solche Aufträge wie die an der neuen Stromtrasse aus, sondern fliegt beispielsweise auch VIPs auf Berggipfel. Auch zum Kalken von Wäldern werden die Hubschrauber eingesetzt.
Für Heiko Höbelt war der schwierigste Teil der Arbeiten bereits mit dem Fertigstellen der Fundamente für die Masten abgeschlossen, sagt er. “Alles, was nach der Gründung kommt, ist dann nicht mehr so schlimm.” Gerade auf der Wald-Anhöhe zwischen Röhrenfurth und Lobenhausen sei das Gelände enorm anspruchsvoll für die Gründungsarbeiten gewesen. Schließlich müsse ja auch überall der tonnenschwere Betonmischer anrollen.
Bis zum Ende dieses Jahres sollen die Bauarbeiten für die 380 kV-Stromleitung Wahle-Mecklar im Bereich Körle/Guxhagen abgeschlossen sein. Strom wird die Leitung allerdings erst ab dem Jahr 2024 transportieren. Dann soll die insgesamt 230 Kilometer lange Stromtrasse, die die Orte Wahle in Niedersachsen und Mecklar in Nordhessen verbindet, ans Netz gehen.