Wagenfurth: Die Brückenteile sitzen

Millimeterarbeit war am Mittwoch und Donnerstag in Wagenfurth gefragt. Denn an der neuen Fuldabrücke wurden die neun bis zu 35 Meter langen und bis zu 86 Tonnen schweren Fertigteile aus Spannbeton auf die Widerlager aufgelegt und verbunden. Angeliefert wurden die langen Fertigteile über die Bundesstraße. Deshalb war auch bereits am Dienstagabend eine einseitige Straßensperrung mit Ampel eingerichtet worden. Und weil man solche spektakulären Arbeiten mit gleich zwei mobilen Kränen nicht alle Tage zu Gesicht bekommt, hatte der Schwalm-Eder-Kreis in Kooperation mit Hessen Mobil, der bauausführenden Firma Bickhardt Bau und der Gemeinde Körle auf die Baustelle eingeladen, um die Bauarbeiten gemeinsam zu verfolgen. Die wohl beste Nachricht: Im August wird laut Vizelandrat Jürgen Kaufmann die neue Brücke befahrbar sein. Und: Auch die Einweihung soll gebührend gefeiert werden – da sind sich der Landkreis und die Gemeinde einig.
Körles Bürgermeister Mario Gerhold erinnerte daran, dass vor vielen Jahren auch mal zur Debatte gestanden habe, eine gemeinsame Brücke für Grebenau und Wagenfurth zu bauen. Dieses Vorhaben sei jedoch von beiden Orten abgelehnt worden. “Die kleinen Orte haben ohnehin in den vergangenen Jahren viel Infrastruktur eingebüßt”, sagte Gerhold und verwies auf geschlossene Lebensmittelgeschäfte und Postfilialen. Da sei eine Brücke, die eine Verbindung zum Kernort herstellt, das Mindeste, was man den Einwohnern an Infrastruktur vorhalten müsse. Auch Jürgen Kaufmann betonte die Wichtigkeit der neuen Fuldabrücke für die Wagenfurther. “Ja, ein Neubau lohnt sich. Auch für 140 Menschen”, sagte er.
Zwei davon sind Inge Riemenschneider und Joachim Gebauer, die beide Mitglied im Ortsbeirat Wagenfurth sind, und die spektakulären Arbeiten auch aus nächster Nähe verfolgten. “Normalerweise gucke ich immer von der Wagenfurther Seite auf die Baustelle”, sagte Inge Riemenschneider und lachte. Genau wie Gebauer freut sie sich sehr, wenn die Brücke im August endlich fertig ist. “Wir haben viele ältere Menschen im Ort. Da zählt im Notfall jede Sekunde und jeder Meter”, sagte Gebauer. Deshalb sei auch damals die gemeinsame Lösung mit Grebenau undenkbar gewesen.
Damit die neue Brücke, die eine Spannweite von 93 Metern haben wird, überhaupt auf stabilem Grund steht, mussten 26 Bohrpähle in den Boden gebracht werden, führte Werner Kolb von Hessen Mobil aus. Die sind bis zu zwölf Meter tief in der Erde. Allein die Bohrpfähle hätten 400.000 Euro gekostet, sagte Kolb. Die Gesamtkosten der Brücke liegen bei 2,8 Millionen Euro, von denen rund 60 Prozent das Land Hessen bezahlt. Der Rest entfällt auf den Schwalm-Eder-Kreis. Auf die Gemeinde kommen 16.000 Euro für die Brückenbeleuchtung und die Gehweganbindung zu – allerdings gibt es rund 10.000 Euro Fördergeld.
Bei Günther Döring weckte der Besuch auf der Brückenbaustelle Erinnerungen an ein Ereignis, das schon 64 Jahre zurückliegt. Denn als kleiner Junge erlebte er bereits den Bau der Vorgängerbrücke. “Genau dort stand die große Mischmaschine”, sagte er. “Das war vielleicht ein Ereignis damals.” Die erste Brücke in Wagenfurth wurde um 1900 erbaut. Im April 1945 wurde der mittlere Teil der Brücke herausgesprengt. Bis die Brücke 1958 neu gebaut wurde, half sich die Gemeinde mit einem Holzprovisorium aus.
Für die  Kinder der Salamander-Gruppe aus dem Kindergarten Pfiffikus war der Baustellen-Besuch aber sicherlich das erste Erlebnis dieser Art. Sie staunten, wie die tonnenschweren Riesenkräne die meterlangen Betonteile durch die Luft schweben ließen. Auch aus Röhrenfurth war eine Kindergartengruppe zur Baustelle gekommen. Für die Kinder gab’s Mini-Baustellenwesten und Helme von Hessen Mobil und von Bickhardt Bau unter anderem Geschenketüten. Und Mario Gerhold hatte Pinos Eismobil zur Baustelle bestellt, sodass es für jeden auch noch ein leckeres Eis gab.